Letztes Wochenende hatte ich die Gelegenheit, das Haus der sog. Wannseekonferenz in Berlin zu besuchen. 

Jenem Treffen am 20. Januar 1942, bei dem hochrangige Vertreter des Nationalsozialistischen Deutschlands und der NSDAP die Pläne zur Ermordung von 11 Millionen jüdischen Menschen konkretisierten. 

Das Idyll einer Villa am See war die Umgebung, in der das schlimmste Verbrechen der Menschheitsgeschichte geplant wurde. Das Protokoll hält die Verabredung in einer Sprache fest, so nüchtern und bürokratisch, dass es mich frösteln lässt.

Daran denke ich besonders, wenn heute, am 27. Januar weltweit der Opfer des Nationalsozialismus und der Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz gedacht wird: Die Grausamkeit, die Menschenverachtung und die Judenfeindschaft ging auch von so idyllischen Plätzen wie der Villa am Wannsee aus. 

Sie verwendet eine Sprache, die bis heute viele als normalen Behördensprech empfinden. Eine Sprache, die es offenbar auch nach der Katastrophe vielen angemessen erscheinen ließ „zur Tagesordnung“ überzugehen. Die meiste Zeit nach 1945 war das Haus der Wannseekonferenz ein Schullandheim. 

Erst 1992 wurde es eine Gedenkstätte, wurde öffentlich deutlich gemacht, was von diesem Ort ausging. Zwei Jahre später, 1994, wurde in Wuppertal am Ort der 1938 zerstörten Synagoge die Gedenkstätte Alte Synagoge errichtet. 

Nach jahrelangen Diskussionen, ob auf dem Grundstück nicht doch ein Parkhaus gebaut werden sollte. Zwei Beispiele, die zeigen: Es hat sehr lange gedauert, bis die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland dem Erinnern einen Raum gegeben hat. Konkrete Orte, an denen die Verbrechen greifbar werden. Und Tage wie den 27. Januar, die deutlich machen: 

Das Erinnern darf nicht aufhören. Denn „nur, wer sich erinnert, kann für die Zukunft lernen.“ (Roman Herzog)

David Kannemann, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Lennep