Pars pro Toto - oder: das Teil steht fürs Ganze

Pars pro Toto - oder: das Teil steht fürs Ganze

Pars pro Toto - oder: das Teil steht fürs Ganze

# Wir in der Welt

Pars pro Toto - oder: das Teil steht fürs Ganze

„Ich will alles haben“ - rufen manche Kinder, fragt man sie, wieviel Süßigkeiten sie haben wollen. „Ich will alles haben“ empfinden manche Erwachsene, fragt man sie, welche Annehmlichkeiten sie brauchen. Und wünschen sich viel Freizeit und genügend Geld, um in dieser „alles“ zu erleben.

Oft mache ich Sommerurlaub in Norwegen. Manchmal frage ich mich: Willst du eigentlich nicht mal wieder woanders hinfahren? Und mir wird klar: die eine Wahl, die ich treffe, schließt andere Möglichkeiten aus. Es geht nicht „alles“. Was wäre denn, wenn ich morgen sterben würde und hätte es nicht mehr geschafft all die To-dos auf meiner Löffelliste abzuhaken? Bliebe dann mein Leben unvollständig?

Aber das kann doch nicht sein: Dass mein Lebenssinn von einer konkreten Anzahl verwirklichter Möglichkeiten abhängt. Meine Lebensqualität hängt doch nicht an einer Quantität irgendwelcher Faktoren. Auch nicht an der Anzahl der Jahre, die mein Leben schließlich währt.

Mehr und mehr empfinde ich: In jedem Augenblick liegt mein ganzes Leben enthalten. In jedem noch so kleinen Detail schimmert das Ganze durch. „Pars pro Toto“ - sagten die alten Römer dafür, „das Teil steht fürs Ganze“.

Pars pro Toto - ich verstehe das mehr und mehr ganzheitlich: Wenn ich bald wieder nach Norwegen reise, noch tiefer in die norwegische Kultur eintauche, dann schließe ich die Möglichkeiten anderer Länder nicht aus, sondern sogar mit ein. In meiner kleinen Norwegenreise ist ein ganzes Weltreise-Programm enthalten. Genauso auf allen anderen Feldern meines Lebens. Wenn ich (m)ein Musikinstrument, die Trompete, spiele, empfinde ich darin das ganze weltweite Orchester an Instrumenten und Stimmen und Musiken, und ich verstehe mich als Teil eines globalen musikalischen Ganzen. Und tiefe Freude erfüllt mich.

Wie wäre es, wenn wir uns mehr und mehr als Teil eines globalen Ganzen verstünden? Nicht als Gegenüber, sondern als Ausdruck. Wie wäre es, wenn in uns allen je das ganze Universum inbegriffen wäre? In uns Minis - aus universaler Perspektive betrachtet - alles?

Wir würden jedenfalls viel gelassener mit unseren Ansprüchen umgehen - sie würden immer weniger. Wir würden viel demütiger mit unseren Mitmenschen umgehen - sie würden immer wichtiger und gleichzeitig unwichtiger. Wir würden viel dankbarer mit unserem eigenen Leben umgehen - es erschiene uns in jedem Moment kostbar.

Gott selbst legt in uns „alles“: Seine inspirierende Geistkraft, seine verschwenderische Schöpferliebe, seine befreiende Menschennähe. Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind sprechende Ausdrucksformen.

„Wer mich sieht, der sieht den Vater.“, sagt Jesus (Joh 14,9). Und: „Was ihr einem meiner geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40).  Auch Jesus sieht im Teil das Ganze - und in jedem Menschen das Göttliche. Genauso hat er gehandelt.

Ja: wir möchten gerne „alles“ haben. Aber dafür genügt auch ein Teil.

In diesem Sinne: einen guten Sommer, er hält alles bereit.

P.S.: Die Frage der Gerechtigkeit ist eine ganz andere, aber eine genauso wichtige.

Pfarrer Manfred Jetter, Ev. Kirchengemeinde Wermelskirchen

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