Nachdenken über aktuelle Debatten: "Wir haben alle Migrationshintergrund"

Nachdenken über aktuelle Debatten: "Wir haben alle Migrationshintergrund"

Nachdenken über aktuelle Debatten: "Wir haben alle Migrationshintergrund"

# Wir in der Welt

Nachdenken über aktuelle Debatten: "Wir haben alle Migrationshintergrund"

Woher kamen meine Vorfahren? Angesichts gegenwärtiger extremistischer Tendenzen kann diese Frage an Bedeutung gewinnen. 

Das NS-Regime hatte einst den sogenannten „Ariernachweis“ verlangt, Ausdruck eines verwerflichen rassistischen Weltbilds. Heute erscheint es beinahe möglich, dass bald ein „Nachweis über Migrationsfreiheit“ erforderlich sein könnte, um in einem Land bleiben zu dürfen. 

Aus Neugier und dem Wunsch, meine eigene Herkunft zu verstehen unterzog ich mich einer Genom-Analyse. Dafür reicht man eine Speichelprobe ein, die dann im Labor untersucht wird. 

Die Ergebnisse werden global mit denen anderer Menschen abgeglichen, um die geographische Herkunft der Vorfahren zu ermitteln. Meine DNA zeigt eine Zusammensetzung von 26 % aus dem deutschsprachigen Raum, 23 % aus Nordostpolen (meine Mutter floh nach dem Krieg aus Ostpreußen, ich bin Flüchtlingskind), 19 % aus Skandinavien, 14 % aus Schottland und 10 % aus den baltischen Staaten sowie weiteren Regionen. 

Nach der veralteten perfiden Klassifikation des Nazi-Regimes wäre ich nur ein "Vierteldeutscher". Doch die Genforschung zeigt, dass bei einer Betrachtung weit in die Vergangenheit alle Menschen afrikanische Wurzeln haben - die Wiege der Menschheit steht in Afrika. 

Diese Erkenntnis verdeutlicht, dass die Verbreitung menschlichen Lebens auf diesem Planeten das Resultat der Migration unserer Ahnen ist. Unsere Kultur, Sprache mit ihren vielen Lehnwörtern, Kulinarik, Musik und Kunst sind allesamt Ergebnisse von Migrationsprozessen. 

Ohne Migration wären wir alle in Afrika geblieben. Vor diesem Hintergrund ist die schreckliche Konzeption einer "Remigration" ein Synonym für Rückschritt, Kulturverlust und De-Zivilisation. 

Unser Glaube bewahrt und vermittelt das Wissen über den Migrationshintergrund der Menschheit auf humane Weise. Wie es in 2. Mose 22, 20 heißt: "Gott spricht: Die Fremdlinge sollst du nicht bedrängen und bedrücken; denn ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen. "Wir haben alle Migrationshintergrund. Er ist grundlegend für unsere Existenz. Ohne ihn wären wir nicht.

Pfarrer Siegfried Landau, Ev. Stadtkirchengemeinde Remscheid

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