Gedanken aus dem Arrest

Kopfkino

Denke an die Freiheit,
denke an meine Eltern, Freundin und Freunde.
Denke über das Denken nach,
versuche nicht zu denken.
Denkste…

(Rüdiger Funk, 2007)

Dann bist du alleine

Die Türe geht zu,
zum ersten Mal alleine auf der Zelle.
Keine Klinke.
Alles trist.
Alleine.

Ganz alleine. Die nächsten Wochen…
Und du weißt nicht, was du machen sollst.

Dann liest du halt das Buch noch mal…
Zähneputzen, Hände eincremen... Sechsmal am Tag.
Versuche den Vollzug zu verschlafen. Am Tag im Sitzen.
Mache die Klotür auf, nur um in einen anderen Raum gehen zu können.
Gehe im Kreis.
Wie lange habe ich jetzt gesessen?
Hätte ich lieber eine Uhr?! – Nein, dann würde ich Sekunden zählen.
„Wie spät, ey!“ – Pop-Shop.
Du hast Arbeit auf dem Papier, doch holt dich keiner ab.
Beim Abendbrot weißt du es: Heute musst du nicht mehr zur Arbeit.
Beobachte die Menschen im Haus gegenüber. Beobachte den offenen Vollzug.
Welch ein Luxus… Ich sehe die Mauer, die Mauer und die Mauer…
Kann mein Fenster mit Gittern schon aus dem Kopf aufmalen.
Zähle die Tage, die Stunden, die Sekunden.
Zähle die Gitter am Fenster und die kleinen Gitter dazu: 1.286.
Kenne die Nummernschilder der Autos, die durch die Pforte fahren.
Ich bin 14 und arbeite, wenn ich draußen bin, dann dürfte ich das nicht. Verdrehte Welt?

„Struktur ins Leben bekommen“, sagt die Justiz.
Mein Tag ist leer.
17:23 Uhr Abendessen, die Erlösung.
Ich lege mich ins Bett.

(Als Gedanken von Jugendlichen in einen Gottesdienst eingebracht, 2008)

Stellenangebote